Sprechstunde für Langzeitüberlebende

Im Oktober startete an der Berliner Charité ein neues, durch den Innovationsfonds gefördertes Projekt für Frauen, die seit 5 Jahren oder länger mit der Diagnose Eierstockkrebs, Eileiterkrebs, Bauchfellkrebs, Gebärmutterkrebs oder Gebärmutterhalskrebs leben. Die ersten Patientinnen können voraussichtlich im April 2021 rekrutiert werden.

Die Bundesregierung möchte die Gesundheitsversorgung in Deutschland verbessern. Unter anderem mit neuen Versorgungsformen, die nun im Rahmen des Innovationsfonds erforscht werden sollen. Die als Studie konzipierte Langzeitüberlebenden-Sprechstunde hat das Ziel nachzuweisen, ob und inwiefern sich die Lebensqualität Langzeitüberlebender mit einer derartigen Sprechstunde verbessern lässt Normalerweise fallen Langzeitüberlebende nach fünf Jahren aus der Nachsorge heraus. Ebenso verlieren sie den Grad der Behinderung. Dabei haben mehr als 50 Prozent der Frauen zu diesem Zeitpunkt immer noch Beschwerden, zum Beispiel Fatigue, gastrointestinale Probleme, chronische Schmerzen oder Polyneuropathie – jedoch haben Sie dann oft keinen Ansprechpartner mehr. Außerdem kann sich auch nach vielen Jahren noch ein Rezidiv entwickeln.

Im Rahmen der Sprechstunde wird für jede Patientin ein individueller „Survivorship Care Plan“ erstellt. Neben einer Basisuntersuchung inklusive der bekannten gynäkologischen Nachsorge und Abfrage der Lebensqualität mittels Fragebögen wird gezielt auf Langzeitnebenwirkungen gescreent. Dazu gehören:

  • Osteoporose (mittels einer Knochendichtemessung)
  • potentielle Therapiefolgen am Herzen (mittels Herzultraschall)
  • mögliche endokrinologische Nebenwirkungen (mittels Laboruntersuchung)

Wenn bei einer Patientin eine Langzeitnebenwirkung festgestellt wird, erfolgt die Therapie durch entsprechende Spezialisten: z.B. im Fatigue-Zentrum bei Nachweis einer Fatigue.

Ein weiterer Baustein ist die Sprechstunde für mentale Gesundheit, die unter anderem eine Kreativtherapie (kreatives Schreiben, Kunsttherapie) beinhaltet. Im Fokus steht auch die Prävention beziehungsweise Erhaltung der Gesundheit. Daher erfolgt eine ausführliche Lebensstilberatung hinsichtlich Ernährung und Sport. Jede Patientin erhält eine sportmedizinische Untersuchung, auf deren Basis ein individueller Trainingsplan erstellt wird. Die Frauen werden aufgefordert, auch andere Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen: zum Beispiel für weitere Krebsarten oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich zu Rehabilitationsmaßnahmen beraten zu lassen.

Jede Patientin ist ein Jahr in der Studie. In diesem Zeitraum stellt sie sich drei Mal persönlich vor, bei entsprechender Symptomatik auch häufiger. Ergänzend dazu füllen die Frauen alle drei Monate Fragebögen aus. Dies kann sowohl online oder als Papierversion von zu Hause erfolgen.

Parallel zu der Sprechstunde in der Charité gibt es eine Kontrollgruppe, die von Zentren der Nord-Ostdeutschen Gesellschaft für Gynäkologische Onkologie (NOGGO) rekrutiert wird. Die Patientinnen der Kontrollgruppe werden ebenfalls Fragebögen ausfüllen, jedoch ohne an der Sprechstunde teilzunehmen. Es ist geplant, an den Zentren der Kontrollgruppe nach Abschluss der Studie ebenfalls eine Sprechstunde für Langzeitüberlebende nach Charité-Vorbild einzurichten.

Wenn das Projekt erfolgreich ist, soll die Langzeitüberlebenden-Sprechstunde deutschlandweit als Kassenleistung in die Regelversorgung eingehen.

Sind Sie Langzeitüberlebende und möchten an der Studie teilnehmen? Dann können Sie sich hier vormerken lassen oder weitere Informationen erhalten: carolinmeetshanna@charite.de