„Von Kindheit an war ich ein Freund des Lesens, und das bisschen Geld, das mir in die Hände kam, wurde für gute Bücher ausgegeben.“ Dieses Zitat begegnet einem, wenn man die Website der Patientenbibliothek des Campus Benjamin Franklin Klinikums, einem der drei Standorte der Charité, besucht.
Das Zitat stammt, so wird der Website-Besucher aufgeklärt, vom Namensgeber der Klinik, dem von 1706-1790 lebenden, amerikanischen Philosophen und Staatsmann Benjamin Franklin. Er war maßgeblich an der Gründung der ersten amerikanischen Leihbücherei beteiligt (Library Company of Philadelphia, 1731).
„Das bisschen Geld […] ein Freund des Lesens“ Benjamins Worte scheinen wie Artefakte einer fremden Welt. 2021, im zweiten Lockdown, ging es um anderes – es ging um virtuelle Rundgänge, um digitale Führungen, um Zoom- und Team-Meetings, sogar mit den Freunden. Nur die Berliner Schulen haben, so wirkte es, die Digitalisierung teilweise verpasst und es fand mittwochs ein „Materialaustausch“ statt.
Halten wir die Ruhe nicht aus? Brauchen wir die Digitalisierung auch als Versuch, Leben aufrecht zu erhalten, zu spüren, dass wir sind? Kann das digitale das analoge Leben ersetzen? Ersetzen sicher nicht, aber ergänzen. Dennoch hänge ich an der Patientenbibliothek im Campus Benjamin Franklin.
Buchhandlungen durften geöffnet sein, Bibliotheken eigentlich nicht oder nur eingeschränkt, in der Klinik jedoch schon. Schräg gegenüber der Kapelle ist sie gelegen und hat ähnlich haltgebende Struktur. Wenngleich es keine digitale Führung auf der Website gibt, strahlt uns Frau Wiedemann von einem Foto an. In der Mitte des Raumes befindet sich Frau Wiedemanns Tresen, die seit 6 Jahren in dieser Bibliothek für Ordnung und Menschlichkeit sorgt. Davor leitete sie 30 Jahre lang eine andere Klinikbibliothek. Sie sortiert und dokumentiert, verleiht aber spricht auch mit den Menschen, die in ihre Bibliothek kommen und – vielleicht sogar wichtiger als das – sie hört ihnen zu. Und jeder Arzt, der sich erlaubt „hier hereinzuschneien“, sollte sich gedulden, denn hier sind alle Gespräche absolut gleichberechtigt.
Mag sein, dass sich so etwas Zwischenmenschliches digital nicht abbilden lässt, aber das muss es nicht, denn es ist gut, es ist sinnhaft und es entfaltet eine unglaublich kraftvolle heilende Wirkung.
Ich möchte Sie einladen – sollten Sie einmal Zeit haben… sollten die Pandemiezeiten verrinnen… sollten Sie im Süden von Berlin unterwegs sein – besuchen Sie diesen warmen heilsamen Ort, der gefüllt ist von Buchstaben und Wörtern, von Sätzen und Bildern von Büchern, Farben und Licht, die überwältigen. Es sind die Bücher und die Farben ihrer Cover, die in ihrer Fülle verschmelzen, zu einem großen Farbenraum der Energie, ob hier im Benjamin Franklin Klinikum – oder im Buchladen in Ihrer Nähe.